Zwei Triebwagen, viele Einsatzmöglichkeiten
Geschichte 81
Als die ersten Lokomotiven der Gornergrat Bahn ersetzt werden mussten, beschaffte die Gornergrat Bahn 1981 für sieben Millionen Franken zwei neue Triebwagen. Der damalige Leiter Rollmaterial & Traktion, Hans Tribolet, erinnert sich im Interview.
Hans Tribolet, Ende der 1970er Jahre evaluierte die Gornergrat Bahn die Beschaffung von zwei neuen Triebwagen. Was waren die Anforderungen?
Hans Tribolet: «Zum Ersatz der alten 2-achsigen Lokomotiven, welche seit der Eröffnung der Gornergrat Bahn 1898 im Einsatz waren, suchten wir ein Universalfahrzeug. Es sollte drei Grundanforderungen erfüllen: 1. Im Schneeschleuderdienst sollte es bei unterschiedlichen Fahrgeschwindigkeiten leistungsfähiger und besser regulierbar sein. 2. Im Güterverkehr sollte es Abläufe rascher und sicherer abwickeln können. 3. Es sollte bei Bedarf den Personenverkehr unterstützen können.»
Gab es technische Herausforderungen, die Sie lösen mussten?
Hans Tribolet: «Wir konzipierten den Triebwagen so, dass ein unabhängiger Steuerwagen erstmals automatisch und ohne Eingriff durch Rangierpersonal angekoppelt werden konnte. Um diese Anforderungen zu erfüllen waren zusätzliche und neue technischen Ausrüstungen notwendig.
Was ist die Lebensdauer der Fahrzeuge?
Hans Tribolet: «Die Fahrzeuge sind schon über 40 Jahre zuverlässig im Einsatz. Sie werden sicher noch viele Jahre der Bahn gute Dienste erweisen. Grundsätzlich gibt es keine bei einem guten und regelmässigen Unterhalt kaum ein Lebensende.
Verbinden Sie spezielle Erinnerungen mit den neuen Triebwagen?
Hans Tribolet: Ja, da habe ich viele sehr positive Erinnerungen. Ich musste in meiner Funktion immer wieder Fahrten mit der Schneeschleuder begleiten. Die Kraft dieser Maschinen und die Einsätze am frühen Morgen haben mich immer sehr beeindruckt. Speziell im Gedächtnis geblieben sind mir auch die Einsätze, bei denen wir die komfortablen Pullman-Salonwagen der Rhätischen Bahn auf den Gornergrat gestossen haben. Die nostalgischen Fahrten starteten in St. Moritz und führten via der Glacier-Express-Strecke nach Zermatt, ein Höhepunkt war den die Fahrt auf den Gornergrat. Die Fahrten gibt es übrigens noch heute. Ein schönes Angebot der Bahn waren damals auch die Open-Air-Fahrten. Im offenen Wagen konnte ich die Aussicht besonders gut geniessen, den Wind spüren und im Wald den Arvenduft riechen.
Welche Bedeutung hatte die Anschaffung für die Gornergrat Bahn?
Hans Tribolet: Die Flexibilität der Bahn konnte mit den neuen multifunktionalen Fahrzeugen deutlich erhöht werden. Im Güterverkehr konnten wir grössere Lasten transportieren und der Schneeschleuder-Betrieb wurde effizienter. Wichtig war auch, dass wir den Personenverkehr, der ja immer auch wetterabhängig war, bei grosser Nachfrage verstärken konnten.
Zum Hintergrund
Ab 1947 ersetzten Leichtmetalltriebwagen die ersten Lokomotiven der Gornergrat Bahn. Die alten Loks wurden daraufhin vorwiegend für Einsätze im Güterverkehr und im Winterdienst eingesetzt. Per Ende der 1970er Jahre waren sie auch diesen Einsatzzweck nicht mehr gewachsen und mussten ersetzt werden.
1981 nahm die Gornergrat Bahn zwei neue Triebwagen (3061/3062) mit den Steuerwagen (3071/3072) in Betrieb.
Hans Tribolet startete seine Laufbahn bei der Brig-Visp-Zermatt Bahn und der Gornergrat Bahn 1970 als Maschineningenieur. Später ernannte ihn die Bahn zum Leiter Rollmaterial und Traktion und Mitglied der Geschäftsleitung. Die Beschaffung der Triebwagen für die Gornergrat Bahn war eines seiner zahlreichen Projekte. Ende Mai 2003 ging Tribolet in Pension.