«Mit der gleichen Courage nach vorne blicken»
Geschichte 125
Im Interview blickt Fernando Lehner, Direktor der Matterhorn Gotthard Bahn und der BVZ Holding AG, auf die letzten 125 Jahre der Gornergrat Bahn zurück und wagt einen Blick in die Zukunft.
Fernando Lehner, 2023 feiert die Gornergrat Bahn ihr 125-jähriges Bestehen. Welche Emotionen löst dies bei Ihnen aus?
Fernando Lehner: «Ich habe grossen Respekt davor, was vor 125 Jahren aufgebaut wurde. Eine hochalpine Bahn zu bauen und darauf zu vertrauen, dass das Vorhaben gelingt, erforderte unglaublichen Mut. Als Unternehmensleiter der Matterhorn Gotthard Bahn und Gornergrat Bahn wünsche ich mir, dass wir auch in den nächsten 125 Jahren mit der gleichen Courage nach vorne blicken.»
Wie hat sich das Unternehmen seit seiner Gründung entwickelt und welche Meilensteine wurden auf dem Weg erreicht?
Fernando Lehner: «Seit der Inbetriebnahme vor 125 Jahren hat sich die Bahn und der Gornergrat stetig weiterentwickelt, sei es technologisch oder mit Blick auf die Angebotsvielfalt. Die Geschichte fing ja schon sehr beeindruckend mit dem Bau an – vor 125 Jahren mit den damals vorhandenen technischen Mitteln in zwei Jahren eine solche Bahn zu bauen, das ist aus heutiger Sicht fast schon unvorstellbar.
Nicht minder eindrücklich ist die Erstellung der Galerien nur drei Jahrzehnte später, um die Bahn vor Lawinen zu schützen. Das ermöglichte ab 1928/1929 den Winterbetrieb und den Ausbau des Wintersports. Sehr vorausschauend sowohl mit Blick auf die immer kritischer werdenden Platzverhältnisse als auch hinsichtlich des heute so zentralen und wichtigen Themas Nachhaltigkeit war der Ausbruch des Stollens 1971. Seither bietet dieser als Depot Platz für 24 Wageneinheiten bei einer konstanten Temperatur von 14 Grad ohne zusätzliche Klimatisierungsvorrichtungen.
Auf andere Weise faszinierend fand ich den Rekord des grössten Alphorn-Orchesters 2009 auf dem Gornergrat, der 2013 an gleicher Stelle nochmal gebrochen wurde oder das Schwingfest 2014 auf dem Riffelberg. Aus der jüngeren Vergangenheit sind sicher die Eröffnung der interaktiven Ausstellung Zooom-the Matterhorn und die Einführung der neuen, sehr kundenfreundlichen Triebzüge POLARIS im vergangenen Winter zu nennen. »
Was ist für Sie die beste Eigenschaft der Gornergrat Bahn?
Fernando Lehner: «Besonders stolz bin ich auf unsere Mitarbeitenden, die jeden Tag vollen Einsatz für ein unvergessliches Kundenerlebnis zeigen. Mit der atemberaubenden Aussicht auf das Matterhorn und die Gletscherwelt und der 360°-Rundumsicht auf 29 Viertausender haben wir ein einmaliges Alleinstellungsmerkmal in der ganzen Schweiz, was unsere Gäste immer wieder aufs Neue zum Staunen bringt.»
Wie haben Sie die 125 Jahre gefeiert?
Fernando Lehner: «Wir haben verschiedene Aktivitäten und Angebote, im Jubiläumsjahr umgesetzt. Zu den neuen Attraktionen gehören beispielsweise die NostalChic Class, der neue Fotopoint am Gornergrat, und der am höchsten gelegene Alpingarten in Europa. Sehr beliebt ist auch das Angebot «Meet the Sheep», bei dem Besucherinnen und Besucher auf Tuchfühlung mit den für das Wallis typischen Tieren gehen können.»
Welche Rolle spielen Innovation in der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Gornergrat Bahn?
Fernando Lehner: «Innovationen gerade im Bereich des Reiserlebnisses und Aufenthalts am Berg sind essentiell. Deswegen schauen wir permanent an, welche Bedürfnisse bestehen, welche Möglichkeiten es für deren Umsetzungen gibt und wie sich diese im Einklang mit der Natur realisieren lassen. Beste Beispiele hierfür sind die bereits benannten Angebote Meet the Sheep und Alpingarten. Diese Ideen wurden zusammen mit Kundinnen und Kunden in Workshops erarbeitet und entwickelt. Ein immer wichtigerer Bestandteil des Gesamterlebnisses ist zudem die digitale Begleitung der Gäste vor, während und nach der Reise. Auch hierbei gilt es, stets am Ball zu bleiben und möglichst sogar ein Stück weit vorne dran zu sein.»
Welche Herausforderungen muss die Gornergrat Bahn als Nächstes überwinden?
Fernando Lehner: «Wir beobachten zunehmend, dass der Klimawandel Auswirkungen auf den Permafrost und damit auf die geologische Stabilität hat. Die Natur ist unser wertvollstes Gut. Das bedeutet, dass wir in Zukunft noch behutsamer mit ihr umgehen müssen, weshalb wir vermehrt unseren Fokus auf eine nachhaltige Entwicklung legen. Insofern steht konsequenterweise die Ausrichtung des Gornergrats als «naturnaher Ausflugs- und Erlebnisberg» im Zentrum des Zielbilds 2030.
Wie sieht Ihre Vision für die Zukunft der Gornergrat Bahn aus?
Fernando Lehner: «Wir möchten auch in Zukunft durch sanfte Entwicklung und herausragende Technologie unsere Gäste in der imposanten Bergwelt begeistern. Eine Reise zum Gornergrat soll weiterhin ein so eindrückliches Erlebnis sein, wie es Mark Twain 1878 beschrieb:
«Von keiner anderen zugänglichen Stelle kann man eine solch gewaltige Anlage schneeiger alpiner Grösse und Erhabenheit überblicken. Zudem experimentiert das Matterhorn ununterbrochen und erzielt immerzu die schönsten Wirkungen.»